Nochmal E l t e r n werden

Was können wir beim zweiten Kind besser machen?

Ich denke viel darüber nach, was wir beim zweiten Kind anders machen können, damit wir nicht in die nächste Familienfalle tappen. Also wir als Eltern und wir als Paar und wir, jeder für sich. Das ist eigentlich komisch, weil ich mir über das Baby und wie zuckersüß oder nervig es wird oder über Henry, der von jetzt auf gleich seine Eltern teilen muss oder wie entsetzlich müde wir wieder sein werden, überhaupt keine Gedanken mache. Das kriegen wir alles hin. Aber ich ahne schon, dass der Zeitpunkt kommt, an dem ich unser Leben in der Stadt, unsere Wohnung ohne Garten und Alex Job verfluchen werde. Weil wir schon mal an dem Punkt waren. Was ich jetzt weiß und damals nur hoffen konnte: Wir schaffen das, diese Baustellen bringen uns nicht auseinander. Wir werden streiten, wir werden uns neu organisieren, wir müssen brutal ehrlich sein – und hier und da auch einfach mal das Ego zurück und die Klappe halten. Es dauert immer ein bisschen, bis sich das Familienleben mit einem neuen Mitglied (auch wenn es klitzeklein ist) zurecht ruckelt und das darf es auch.

So ganz allgemein hab ich schon mal vor einer ganzen Weile über „das zweite Kind“ geschrieben, ungefähr als wir das erste Mal über Familienzuwachs gesprochen haben. Für uns war immer klar, dass Henry kein Einzelkind bleibt, aber es hat deutlich länger als erwartet gedauert, bis der Wunsch nach einem zweiten Kind da war. Damals waren das nur Gedanken, ein bisschen Kopfkino, das ich mit euch geteilt habe. Dieses Mal, mit dem Baby im Bauch, dem kleinen Fuß unter meinen Rippen und der Realität vor der Nase, sind diese Gedanken deutlich konkreter.

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Henry, unser Anfängerbaby

Henry war entweder ein Anfängerbaby oder wir einfach total entspannte Eltern, von mir aus auch beides. Ich habe unser Leben als frisch gebackene Eltern nicht als besonders anstrengend empfunden. Ganz im Gegenteil, ich fand alles daran so, so unfassbar schön. Trotz des Schlafmangels, trotz der Sorgen, trotz der Einsamkeit, die einen manchmal einholen kann, wenn man wieder den ganzen Tag nur mit einem Baby und der Waschmaschine kommuniziert hat. Auch im Rückblick denke ich ganz oft, haben wir das einfach wirklich gut hingekriegt und uns über unser Baby ganz neu ineinander verliebt. Alex hat die Nächte übernommen und das weinende Baby auf dem Arm durch die Wohnung getragen. Ich hab 24h die Milchbar gespielt, bin tagsüber stundenlang durch unseren Kiez spaziert und hab mit Henry in unseren Alltag als Mama-Baby-Gespann reingelebt. Das war richtig gut so, ein wirklich guter Start ins Abenteuer Familienleben.

Kein Friede, Freude, Eierkuchen

Bis (natürlich) irgendwann der Tag kam, an dem alles zu viel wurde. An dem ich mal wieder alleine beim Abendessen saß, mal wieder das Wochenende alleine mit Kind verbrachte, wochenlang auf meinen Partner verzichten musste, während der für ein Kampagnenshooting auf einen anderen Kontinent geflogen wurde (und von morgens bis abends bekocht wurde, mieps). An dem ich alleine die Einkäufe und das Kind in die Wohnung hochschleppen musste, alleine den sich stapelnden Papierberg und anstehende Behördengänge erledigen musste. Der Tag, an dem mir einfach zu viel wurde, dass ich immer Plan A bin. Dass ich immer Rückendeckung geben muss, aber nicht bekomme. Dass ich alles unter einen Hut kriegen muss, meine Termine hin und her schieben muss, Verabredungen und Jobs absagen muss, weil sonst unser schönes fragiles Familienkonstrukt zusammengefallen wäre. Wir hatten vorher nie darüber gesprochen. Also, über unsere Rollenverteilung meine ich. Ob es einen Hauptversorger gibt, ob wir beide gleichermaßen am Familieneinkommen beteiligt sein wollen und/oder sollen, wie wir uns gegenseitig mit unseren neuen und alten Aufgaben unterstützen müssen, damit keiner mit seinen Wünschen und Bedürfnissen unterm Radar fliegt.

Da saß ich also, unfassbar unzufrieden, unsichtbar und hab in all den Monaten nicht einmal gemerkt, wie ich zu einer Person wurde, die ich niemals sein wollte: Die unzufriedene Hausfrau und Mutter. Uff.

Ohne einen Plan B, so kann man als Familie nicht gut funktionieren, ohne dass einer am Ende völlig ausgelaugt ist und sich immer und immer wieder zurücknehmen muss. Ich hatte in unserem Dreiergespann das Gefühl, dass ICH diese Person bin. Aber ihr wisst ja, es gibt zwei Seiten einer Medaille und die von Alex würde anders klingen. ;) Ich musste erstmal dahinter kommen, dass seine Sicht auf die Situation genauso viel wert und vor allem genauso richtig ist wie meine. Das seine Prioritäten die gleichen sind wie meine. Dass wir immer noch auf der gleichen Seite stehen. Ich hatte es einfach nicht geschafft, meinen wachsenden Frust vernünftig zu kommunizieren, also dachte er, dass es ok so für mich ist. Das war der Startschuss für viele Diskussionen, viele Streitereien, viel Frust auf beiden Seiten, weil wir so hart mit der Realität konfrontiert wurden, dass es gar nicht so leicht war, die Eltern und auch das Paar zu sein, das wir eigentlich sein wollen. Zeit mit der Familie, Vollgas im Job, faire Aufteilung der Erziehungsarbeit und Wertschätzung für das, was jeder von uns reingibt, damit das Familienrad reibungslos läuft.

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Wenns im Familiengetriebe rappelt

Vorher total gleichberechtigt, „no kids, double income“, die Pläne für unsere Zukunft klangen so total…machbar und kongruent. Wir dachten, wir kennen uns in und auswendig, was sollte uns nach 13 Jahren Beziehung schon überraschen. So wie alle Eltern wurden wir ins eiskalte Wasser geschmissen. Und ich habe gelernt: Auch das gehört dazu. Es ist total ok, wenn es ordentlich im Getriebe rappelt.

Ich weiß mittlerweile, dass es ganz verschiedene Familienmodelle gibt, die für verschiedene Paare und Eltern funktionieren können. Es wird meistens erst dann richtig schwierig, wenn man sich mit anderen Eltern vergleicht, bei denen alles easy aussieht oder unproblematisch scheint, wie sich die Rollen innerhalb der Familie verteilt haben. Vergleichen ist kacke, aber mal rüberschielen, wie andere Familien gleiche Probleme lösen ist natürlich total ok – und hat uns oft inspiriert, was uns wichtig oder vielleicht auch weniger wichtig ist, als wir dachten. Es ist wirklich fundamental, ganz ehrlich in sich reinzufühlen, wo die eigenen Grenzen liegen und sich nicht zu sehr von außen beeinflussen zu lassen.

Die Elternfalle: Was können wir besser machen?

Wir haben in den letzten Wochen also eine Menge hin und her überlegt, an welchen Stellschrauben wir vielleicht die Flexibilität haben, unser Familienleben noch mehr im und als Team zu gestalten, damit am Ende auch noch Luft für uns übrig bleibt. Aktuell sind unsere Ideen, dass Alex seine (Präsenz-) Stunden im Büro reduziert und wir vielleicht während meiner Elternzeit den Wohnort wechseln – um mal anzufühlen, ob wir uns ein Leben außerhalb von Hamburg vorstellen können. Ich bin da, ehrlich gesagt, recht pragmatisch, denn manche Lösungen sind schlicht budgetabhängig und das ist hier natürlich nicht unbegrenzt. Außerdem wird er im ersten Babyjahr keine Projekte außerhalb von Europa betreuen, die Zeitverschiebungen und ewig lange Reaktionszeiten bedeuten, falls doch mal etwas sein sollte. Papierkram macht jetzt auch der Papachef, das hab ich vor ein paar Monaten beschlossen und denke seitdem: „Häh, klappt ja viel besser, wenn er das macht?!“ Durch den Kita-Wechsel letztes Jahr liegt die Morgenroutine mit unserem Großen sowieso schon bei ihm, das hat meinen Tag schon sehr entzerrt und entspannt. Das sind nur kleine Veränderungen, die in meiner gefühlten Wahrnehmung viel ausmachen. Sie bringen nämlich Plan B ins Spiel und das macht meinen Blick in die Zukunft viel, viel zuversichtlicher. Ich bin sicher, es wird andere Elternfallen geben, in die wir schnurstracks reinkrachen. Aber zum Glück weiß ich ja: Wird wieder.

One thought on “Nochmal E l t e r n werden

  1. Lisa

    Besonders wichtig ist es, dass sich die beiden Kinder miteinander verstehen. Es kann Sinn machen, dem älteren Kind eine Geschenk zu machen und sagen, dass es von dem neuen Kleinen kommt, der nun ebenfalls das Haus bewohnt.

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